1000 km nonstop auf dem Ergo

Michael Schatt schafft das Unfassbare: Weltrekord

Michael Schatt verbrachte eine Woche auf dem Ergometer auf seinem Dachboden. Foto: B. Langbehn
Michael Schatt verbrachte eine Woche auf dem Ergometer auf seinem Dachboden. Foto: B. Langbehn

Bad Segeberg/Plön - Während sich die Indoor Rowing-Saison ihrem Ende neigte, die meisten nach den Coronajahren endlich wieder auf dem Wasser zu rudern begannen, wollten es zwei im April noch mal auf der Maschine wissen. Michael Schatt (Segeberger Ruderclub) und Thomas Fuß (Glückstadt) machten sich auf den qualvollen Weg, eine neue Fabelleistung auf dem Ergometer zu erbringen: 1000 km nonstop – also fast nonstop. Und sie setzten am Ende noch einen drauf. Beide knackten jeweils in ihren Altersklassen den Weltrekord.

 

Dabei durchlitten beide unvorstellbare körperliche wie mentale Qualen. „Man erlebt sich und seinen Körper von innen heraus“, erzählt Michael Schatt. „Zusammen mit Thomas habe ich während dieser Tage und Nächte auf dem Ergo gelacht und dann wieder bitterlich geweint“. Beide kommunizierten immer wieder miteinander, meist via WhatsApp. Schatt löste in der Altersklasse 60 – 69 Jahre mit der Zeit von in 6 Tagen, 14 Stunden (158 Stunden) und 27:51 Minuten den Amerikaner Jarry Newby ab. Der Amerikaner hatte für diese kaum fassbare Distanz sieben Tage, neun Stunden und 29,4 Minuten gebraucht. Thomas Fuß brauchte in der Altersklasse 50 – 59 Jahre 156 Stunden (6 Tage, 12 Stunden) – beide Rekorde werden in der Concept2-Weltrangliste unter „Ultra-Distance Records“ geführt und in der einschlägigen Community auch entsprechend gefeiert. Die beiden sind die ersten deutschen Männer, die diese Distanz je gefahren sind.

 

Am 10. April begann Michael Schatt auf dem von ihm selbst in ein Fitness-Studio ausgebauten Dachboden seiner Wohnung in Plön sein wahnwitziges Unterfangen. Zu seiner Vorbereitung zählte unter anderem eine 48-Stunden-Challenge sowie eine weitere Herausforderung über „nur“ 500 Kilometer.

„Die Herausforderung liegt neben dem Körperlichen natürlich im Mentalen und man kann vorher nicht wissen, was einem unterwegs alles so passiert. Halluzinationen sind möglich, Kreislaufbeschwerden“, erzählt Michael Schatt, während er auf seinem Dachboden bei Discolicht und begleitenden Beats aus dem Lautsprecher seine ersten Kilometer abspult. Tatsächlich wähnte der Ultra-Ruderer sich zwischenzeitlich in einem Restaurant und glaubte, sein Ergo wieder zurück auf seinen Dachboden bringen zu müssen.

 

Eingeteilt hatte Schatt sich die 1000 Kilometer in fünf Abschnitte, beginnend mit 230 Kilometern, dann 220, 210, 180 und zum Schluss 160 Kilometer, zwischen denen er einige Stunden (maximal sieben, minimal vier) schlafen, sich pflegen und verpflegen konnte. Doch schon die erste Etappe schaffte er vier Stunden schneller als geplant und von Tag zu Tag, Nacht zu Nacht, Stunde zu Stunde blieb der Ultra-Verrückte, wie er sich auch selbst bezeichnet, auf Kurs. Schlimm wurde es auf den letzten 100 Kilometern: „Das waren die härtesten 100 Kilometer meines Lebens, Du glaubst, Du bist gleich am Ziel, aber dann wird die Uhr so gnadenlos“, berichtet Schatt. Jetzt will er Bücher über diese einmalige Selbsterfahrung schreiben. Und endlich richtig rudern lernen. (BL 26.04.2022)